E-LKW-Flotte: Wohl bedacht und gut geplant investieren

Interview mit Nils Planzer (Planzer Transport AG)

Das Transport- und Lagerlogistikunternehmen Planzer hat 2022 15 neue E-LKW in Betrieb genommen. Nils Planzer, CEO von Planzer, spricht mit dem Amt für Mobilität über grosse Herausforderungen, hohe Anfangsinvestitionen und alles, was mit dem Entscheid für alternative Antriebstechnologien vor und nach dem Flottenausbau auf ein Unternehmen zukommt.

Heckansicht eines E-LKW mit Aufschrift 100% Elektro, Planzer

Amt für Mobilität: Herr Planzer, wo kommen Ihre neuen E-LKW zum Einsatz?

Nils Planzer: Im Rahmen unseres Konzepts City-Logistik. Das heisst vorwiegend in Städten und Agglomerationen auf der ersten (die Vorholung) und letzten Meile. Das ist die Strecke vom Absender zum Bahncenter und vom Bahncenter bis zum Empfänger. Erste und letzte Meile sind meist kürzer als der sogenannte Hauptlauf, also die Hauptstrecke des Transports. Dieser erfolgt bei uns für 60% aller Sendungen auf der emissionsarmen Schiene.

Wie sind Sie zu dieser Entscheidung gelangt und was galt es zu beachten?

Auf technologischer Ebene haben wir uns für jene Technologie entschieden, mit der wir die Emissionen unserer Transporte am stärksten reduzieren können. Das war das Hauptziel unserer Entscheidung. 2014 hatten wir bereits einen E-Force-Motorwagen gekauft. Wir verfügten also schon über ein paar Jahre Erfahrung. Ebenfalls zentral war das Lademanagement. Wir mussten in den Neubau in entsprechende Ladestationen investieren. Zudem wollten wir Fahrzeuge, die verfügbar sind und einwandfrei funktionieren, also keine Kinderkrankheiten mit sich bringen.

Welche Vorteile bieten die E-LKW?

Sie stossen in erster Linie weniger Emissionen aus. Also weniger CO2, wobei man korrekterweise den Kohlendioxid-Ausstoss für den Aufbau der Ladeinfrastruktur sowie für die Stromproduktion hinzurechnen muss. Auch andere Emissionen wie Stickoxide, Russ und Lärm sind bei E-LKW deutlich tiefer. Im Weiteren konnten wir mit diesem Zukauf unsere Betriebskosten optimieren. In der Wartung sind sie normalerweise ebenfalls billiger, da sie weniger bewegliche Bauteile haben. Diesbezüglich müssen wir aber zuerst noch Erfahrungen sammeln. Derzeit sind alle Fahrzeuge mit Serviceverträgen ausgestattet.

E-LKW beim Entladen, ein Cargo-Bike fährt im Vordergrund vorbei

Welche Änderungen im Betriebsablauf haben die neuen Fahrzeuge verursacht und wie gross war der Einfluss auf die Routenplanung?

Wir haben Hersteller und Modell bewusst so ausgewählt, dass wir unsere Prozesse möglichst wenig ändern mussten. Wir konnten sie mehr oder weniger ab dem ersten Tag losschicken. Der Einsatz der E-LKW im Rahmen unserer City-Logistik erfordert, dass wir sehr präzise disponieren. Das ist auf lange Sicht ein Vorteil, denn es zwingt uns, in der Disposition und im Transport effizienter zu werden. Beim Umschlag war der Nachtverlad an der Rampe tangiert, da die Ladestationen für die E-LKW nicht dort sind, wo der Nachtverlad der Ware stattfindet. Neu müssen wir die Fahrzeuge vor und nach dem Verlad umparkieren.

Was muss ein Transport- und Lagerlogistikunternehmen beachten, wenn es auf E-Flotte umstellt?

Zum einen das Finanzielle. Man muss sich fragen, ob man die Mittel dafür verfügbar hat und auch tatsächlich in diese Technologie investieren möchte. Zum anderen kommen technische Aspekte hinzu: Wir mussten eine passende Netz- und Ladeinfrastruktur aufbauen, was sich als eine Herausforderung herausstellte. Aufgrund des hohen Leistungsbedarfs ist die bestehende Netzinfrastruktur in unseren Gebäuden in den wenigsten Fällen geeignet, um zusätzliche Ladegeräte, insbesondere Schnellladestationen mit einer Leistung von 150 kW, aufzuschalten. In den meisten Fällen müssen neue Unterverteilungen gebaut und zusätzliche Kabel gezogen werden. In einzelnen Fällen muss zusätzlich auch der "Hausanschluss" erweitert oder ein zusätzlicher Transformator gebaut werden, damit die Elektro-LKW geladen werden können. Dazu mussten wir zum Beispiel festlegen, wo auf dem Areal die Ladestationen sein sollen. Schliesslich mussten wir unsere Fahrerinnen und Fahrer und das Personal in den hauseigenen Werkstätten weiterbilden. Elektrobetriebene Fahrzeuge stellen völlig neue Anforderungen ans Fahren und Warten. Und schliesslich braucht man genaue Kenntnisse der Routen und Lasten. Diese müssen mit den verfügbaren Fahrzeugtypen übereinstimmen. Hier ist eine smarte Disposition gefragt. Auch dieses Know-how muss ein Unternehmen am Start haben, bevor es die E-Flotte ausrollen lässt.

Welches war für Sie die grösste Herausforderung?

Zu den grössten Herausforderungen gehörte unbestritten die hohe Initialinvestition für die Anschaffung der Fahrzeuge sowie für die Netz- und Ladeinfrastruktur. Die Kunden müssen gewillt sein, diesen Aufwand mitzutragen Wer also eine E-LKW-Flotte anschaffen will, sollte seine Kunden bei der Planung einbeziehen.

Paketfahrzeug von Planzer biegt um die Ecke in der Stadt, dynamisch dargestellt

Weshalb haben Sie nicht auf Wasserstoffantriebe bei der LKW-Flotte gesetzt?

Weil die Technologie derzeit noch nicht skaliert und bei unseren bevorzugten Nutzfahrzeugherstellern noch nicht verfügbar ist. Das wird voraussichtlich in zwei bis drei Jahren der Fall sein. Auch die Tankstelleninfrastruktur ist noch nicht so weit entwickelt, dass man sie wirtschaftlich einsetzen könnte. Wasserstoff muss unbedingt grün hergestellt sein, sonst nützt die Investition in diese Technologie wenig.

Werden Sie irgendwann auf Wasserstoff-LKW setzen?

Wir setzen bewusst nicht nur auf eine Technologie. Darum verfolgen wir die Entwicklung von wasserstoffbetriebenen Nutzfahrzeugen sehr genau mit und werden investieren, sobald sie von unseren Hauptlieferanten für LKW angeboten werden. Und sobald sie sich sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch sinnvoll nutzen lassen.

Was raten Sie Unternehmen, die ebenfalls eine Flottenumstellung planen?

Sie sollten die relevanten Technologien im Auge behalten. Das bedingt eine gewisse Offenheit gegenüber neuen Technologien. Die Wahl der Technologie sollte auf die Anwendung abgestimmt sein, zum Beispiel in Bezug auf die Kilometerleistung. Bei einem dezentral organisierten Unternehmen wie Planzer ist die Herausforderung noch grösser. Denn jede Unternehmenseinheit in der ganzen Schweiz muss mit dieser neuen Flotte umgehen und sie richtig einsetzen können.

  • Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?

    Ich blicke in eine grüne Zukunft. Deshalb werden wir sicherlich weitere Elektrofahrzeuge in unsere Flotte aufnehmen, gerade im Lieferwagenbereich. Auf dieser Zeitschiene gehen wir im Tempo der technologischen Entwicklungen.

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    Nils Planzer (CEO)